Videokunst – Zugriffsrechte verleihen bringt mehr als Medien verkaufen! Beitrag zur Blogparade der stARTconference.

Vergangenen Freitag war ich beim Podiumsgespräch „TRICKY Films. Die animierenden Filme der Künstler“  im Galerienhaus Stuttgart, in dem es um die Vermarktung und insbesondere um die Problematik der kommerziellen Distribution von Medien-, Video- und Filmkunst ging. Ausgehend von dieser sehr anregenden Diskussion, möchte ich nachfolgend die Schwierigkeiten kurz erläutern und anschließend ein Geschäftsmodell skizzieren, das die finanzielle Situation von Videokünstlern verbessern könnte . Gleichzeitig ist dies auch mein Beitrag zur Blogparade der stARTconference.

Wie im Podiumsgespräch, wird auch in diesem Blogpost zur Vereinfachung ausschließlich der Begriff „Videokunst“ verwendet, obwohl es sich bei Medien- und Filmkunst nicht zwangsweise um Videokunst handelt. Für diesen Beitrag sind diese Unterschiede jedoch unerheblich, da die Probleme dieselben sind. Ebenfalls zur Vereinfachung wird in diesem Artikel nur die Distribution von Single-Chanel-Arbeiten diskutiert, bei denen zur Wiedergabe nur ein Monitor oder Projektor benötigt wird (und nicht wie bei mehrkanaligen Videoinstallationen eine Vielzahl).

Probleme bei der kommerziellen Distribution von Videokunst

Videokunst verkauft sich aus verschiedenen Gründen schlecht. Die Hauptprobleme sind: 1. Die verlustfreie Reproduzierbarkeit der Videokunst. 2. Die mangelhafte Haltbarkeit der Trägermedien (Digital Betacams, DVDs etc.). 3. Die Präsentation, da die Zeitbasiertheit von Bild und Ton in herkömmlichen Räumen zu Problemen führt, Videokunst eine längere Verweildauer als „klassische Kunst“ (Gemälde, Skulpturen etc.) benötigt und sie sich nachträglich (z.B. in Ausstellungskatalogen) nur schwer vermitteln lässt.  Diese Probleme ziehen weitere nach sich. So wird Videokunst etwa nur von wenigen Sammlern und Museen gekauft und die Bereitschaft dafür einen angemessenen Preis zu bezahlen ist gering.

Die Vergangenheit und Gegenwart: Absatz über Galerien

Bislang wurde und wird versucht Videokunst über die gleichen Wege wie „klassische Kunst“ abzusetzen. Der Grund hierfür liegt im Selbstverständnis der Künstler, die ihre Arbeiten weniger als Videos, sondern vielmehr als Kunst betrachten. Folglich wird Videokunst in erster Linie über Galerien vertrieben und um ihr zumindest den Anschein eines Unikats zu verleihen, wird sie künstlich limitiert. Den gewünschten Erfolg bringt diese Strategie jedoch nur in den seltensten Fällen.
Die Verknappung verhindert zwar einen Preisverfall und wird von den meisten Sammlern und Museen verlangt, gleichzeitig macht sie jedoch auch die Vorteile, die in der Reproduzierbarkeit des Mediums liegen, zunichte. In der Regel wird deshalb versucht, einen Mittelweg zu gehen. Durch technische Eingriffe (z.B. Wasserzeichen, Verschlechterung der Bildqualität) und durch entsprechende Verträge, die beispielsweise dem Künstler das Recht einräumen seine Videos auf Festivals oder auf seiner Website zu zeigen, werden Kompromisslösungen gesucht. Diese schwächen jedoch die Exklusivität und damit den ohnehin schon verminderten Kaufanreiz bei potenziellen Käufern (siehe Hauptprobleme). Ähnlich wie die Musik- und Filmbranche versuchen Künstler durch Sondereditionen und Zusatzmaterial wie etwa Booklets, die Beigabe von Skizzen oder exklusive Verpackungen, den Kaufanreiz zu steigern, doch verbessert auch dies die Absatzchancen ihrer Kunst nur geringfügig.

Die Zukunft: Absatz über Videokunst-Portale

Eine kommerzielle Distribution der Videokunst über das Internet, bei der kein Trägermedium, sondern nur Zugriffsrechte verkauft werden, könnte für Videokünstler die Lösung sein. Ein solches Videokunst-Portal müsste eine Mischung aus einer Videoplattform wie YouTube und einer Online-Videothek wie Videoload sein. Zusätzlich wäre wohl eine starke Community, wie sie beispielsweise Wikipedia hat, sowie die Anerkennung in der Kunstszene, wie sie beispielsweise der Fernsehsender Arte genießt, nötig.

Warum es eine solche Mischung braucht, erklärt sich wie folgt:
1. Videoplattformen wie YouTube ermöglichen es jedem Nutzer, Videos online zu stellen, und verfügen zudem über eine Vielzahl an weiteren „Mitmach-Funktionen“. So wird Nutzern angeboten, „Kanäle“ von anderen zu abonnieren, Bewertungen abzugeben, Videos zu kommentieren und zu diskutieren, mit Videoantworten auf andere Videos zu reagieren und ggfs. mit dem Urheber in Kontakt zu treten. Durch diese Vernetzung und die zusätzliche Anbindung an soziale Netzwerke wie Facebook können sich interessante Videos schnell/viral in der Community verbreiten.

2. Die Vorzüge von Online-Videotheken liegen im (zumindest aus künstlerischer Sicht) besseren Geschäftsmodell. So wäre es wohl nur für die wenigsten Künstler vorstellbar, dass ein Portal, auf dem Videokunst gezeigt wird, sich durch die Einblendung von Werbung finanziert. Online-Videotheken hingegen erzielen ihre Einnahmen – ähnlich wie herkömmliche Videotheken – durch den Verleih von zeitlich beschränkten Zugriffsrechten auf Filme. Dieses Video-on-Demand genannte Verfahren ermöglicht es Privatnutzern, sich rund um die Uhr aus dem Angebot der Online-Videothek gegen ein gewisses Entgelt einen Film „auszuleihen“, ihn also mittels eines Videostreams online anzusehen oder ihn mit einer zeitlich beschränkten Lizenz herunterzuladen. Bezahlt wird folglich nur für die Filme, die auch angesehen werden (Pay-per-View). Manche Online-Videotheken bieten zusätzlich Flatrates an, die es Nutzern ermöglichen, gegen eine monatliche Gebühr unbegrenzt viele Filme zu schauen – allerdings wird in diesem Fall das Angebot beschränkt. Schließlich werden auch Videos als „Download-to-Own“ angeboten. Das bedeutet, dass der Nutzer sich das Video kauft, er es sich folglich auf den heimischen Rechner herunterladen und beliebig oft anschauen kann (ohne zeitliche befristete Lizenz). Die Preise legt bei Online-Videotheken der Betreiber fest. Bei einer „Online-Videokunst-Videothek“ wäre es vernünftig, weitgehend den Künstlern die Preisgestaltung für ihre Videos zu überlassen, wobei die Festlegung eines Standard-Preises sicherlich ebenso sinnvoll wäre wie die Festlegung eines Mindestpreises. Letztere würde die Künstler vor einer kostenlosen Weitergabe und damit vor Selbstausbeutung schützen.

3. Communities haben den Vorteil, dass sie unter gewissen Umständen zu Selbstläufern werden, weil die Mitglieder sich gegenseitig kontrollieren und über die Inhalte wachen sowie deren Relevanz beurteilen. Die Community-Mitglieder halten sich dabei jedoch strikt an festgelegte Grundsätze. Bei Wikipedia funktioniert eine solche Community nahezu perfekt. Obwohl jeder Internetnutzer Artikel bei Wikipedia einstellen sowie bestehende Inhalte verändern und verfälschen kann, haben zahlreiche Tests belegt, dass die Qualität der Wikipedia-Artikel auf einem ähnlich hohen Niveau wie bei „herkömmlichen“ Enzyklopädien ist. Bei einem Portal für Videokunst wäre es folglich wünschenswert, wenn jeder Nutzer Videos einstellen könnte, jedoch die Community anhand von festgelegten Relevanzkriterien entscheidet, ob ein Video auf dem Online-Portal verbleibt oder gelöscht werden muss. Eine solche Entscheidung, wird zwar mitunter schwierig werden, aber dennoch möglich sein. In den Richtlinien von Wikipedia steht beispielsweise zur Relevanz von zeitgenössischen Bildenden Künstlern: „Wie bei anderen Berufen (Politiker, Sänger, Wissenschaftler etc.) zählt für die Aufnahme in ein Lexikon nicht die tatsächliche („objektive“) Qualität einer Arbeit, sondern das Ausmaß, in dem diese Tätigkeit im fraglichen Bereich einen Widerhall in der Öffentlichkeit und/oder bei den Instanzen gefunden hat, die sich damit professionell auseinandersetzen.“ Darunter fallen in erster Linie Museen; die Entscheidung über „Kunst oder Nicht-Kunst“ wird folglich weitergegeben. Dieses für Wikiepdia geltende Kriterium wäre für ein Videokunst-Portal sicherlich suboptimal, da es unbekannten Künstlern die Chancen rauben würde, ihre Werke über die entsprechende Plattform zu vertreiben, doch soll an diesem Beispiel gezeigt werden, dass Relevanzkriterien auch in der Kunst definierbar sind.

4. Solche Community-Richtlinien tragen sowohl zur Qualitätssicherung wie auch zu einem guten Image und einer Anerkennung des Videokunst-Portals in der Kunstszene bei. Es sei auch daran erinnert, dass Videokünstler ihre Werke als Kunst betrachten und weniger als Videos! Aus diesem Grund wurde Videokunst bislang in Gallerien und nicht in Elektrohandelsketten verkauft und aus diesem Grund bräuchte ein Videokunst-Portal ein ähnlich gutes Image in der Kunstszene wie es beispielsweise der Fernsehsender Arte hat oder wie es die meisten öffentlich-rechtlichen Kunstmuseen genießen. Videokünstler meiden größtenteils Plattformen wie YouTube, da abgesehen von rechtlichen Einschränkungen, hier jeder Nutzer alles hochladen kann. So wenig wie Künstler ihre Videos auf einem Fernsehsender wie RTL2 sehen wollen, so wenig sind sie bereit, ihre Videos bei YouTube einzustellen. Auf ihrer eigenen Website, die in der Regel keinerlei Vernetzungsmöglichkeiten bietet und nur von wenigen Nutzern besucht wird, zeigen Videokünstler jedoch oftmals ihre Werke – sogar kostenlos! Diese Denkweise mag für Außenstehende elitär anmuten, doch ist der Kontext, in dem Kunst präsentiert wird, für Künstler von großer Bedeutung. Böte also ein in der Kunstszene anerkanntes Videoportal den Künstlern an, ihre Videos einzustellen, würden wohl die allermeisten Künstler diese Chance auch nutzen. Der Imagefaktor entscheidet also letztlich darüber, ob ein solches Videokunst-Portal von den Künstlern angenommen wird und entscheidet somit, ob das Portal Erfolg hat.

Fazit

Das Angebot des Videokunst-Portals richtet sich vor allem an kunstinteressierte Museumsbesucher und weniger an Videokunst-Sammler, für die das Angebot wohl keine Alternative zum Kauf eines handsignierten und limitierten Mediums sein kann. Den Künstlern bringt es finanziell wahrscheinlich dennoch mehr ein, ihre Kunst an viele zu verleihen statt an wenige zu verkaufen, zumal es nur wenige Videokunst-Sammler gibt und die bisherigen Absatzwege wenig zielführend sind. Die beschriebene Form der kommerziellen Online-Distribution birgt für die Künstler allen Grund zur Hoffnung. So können sie mit dem Verleih von Zugriffsrechten zu ihren Videos nicht nur ihre Einnahmen, sondern auch ihre Bekanntheit steigern und können sich zudem in der Kunstszene durch die Vernetzung mit anderen besser positionieren.

Zwar gehen damit auch Gefahren einher, etwa dass die Videokunst illegal heruntergeladen und verbreitet wird, gleichwohl sind diese auch vorhanden, wenn die Künstler ihre Videos auf ihren privaten Websites zeigen. Auch dürfte der Anreiz, eine solche illegale Handlung zu begehen, bei Nutzern vernachlässigbar sein, da für sie nur geringe Kosten anfallen. Zwar wurden im Beitrag keine Preise genannt, doch dürfte das einmalige Anschauen eines Videos wohl kaum mehr als einen Euro kosten. Ein solcher Preis wäre gleichwohl kein „Sellout“. Setzt man diesen nämlich in Relation zu dem Eintritt in ein Museum, wo Besucher ebenfalls ein zeitlich beschränktes Zugriffsrecht auf Kunst erwerben, wird schnell deutlich, dass ein Euro für das Anschauen eines Kunstwerks keineswegs billig ist. Die Staatsgalerie Stuttgart zeigt allein in ihrer ständigen Sammlung 800 Kunstwerke. Müsste man für jedes einen Euro bezahlen, läge der Ticketpreis folglich bei 800 €. Solch rationale Argumente überzeugen Künstler jedoch nicht immer. Aus diesem Grund würde eine erfolgreiche Umsetzung der Geschäftsidee keineswegs mit der Erstellung eines Videokunst-Portals enden. Stattdessen müsste in der Kunstszene und insbesondere bei den Künstlern viel Überzeugungsarbeit geleistet werden. Denn ohne ihre Inhalte ist ein solches Portal nicht mehr als ein leeres und lebloses Gerüst.

P.s. Dank geht an Yvonne Siebig, deren 2006 erstellte Magisterarbeit „Distribution von Videokunst“ mir für den ersten Teil dieses Beitrags eine große Hilfe war.

P.P.s Hier gibt es den Beitrag als Word-Dokument (mit leicht geändertem Einstieg) zum Herunterladen.

11 Antworten

  1. Vielen Dank für Deinen Beitrag zur Blogparade!

    Interessante Ansätze – ich bin gespannt, wie sich das weiter entwickelt… ich kann mir allerdings schwer vorstellen, dass man davon als Künstler seinen Lebensunterhalt bestreiten kann.

    Ich kann mir eher vorstellen, dass das mit Live-Performances gehen könnte…?

  2. Hallo Axel,

    habe mit Interesse Deine Beitrag gelesen, teile aber Deine Begeisterung für ein Video-Kunst-Portal nicht, aus folgenden Gründen:

    1. Museen und Galerien zeichnet vor allem aus, dass die Ausstellungen dort kuratiert werden. Deshalb gehe ich dort hin: Weil jemand, der sich mit einem Themengebiet viel besser auskennt als ich, eine Auswahl getroffen hat, die mir hoffentlich neue Perspektiven eröffnet. Das ist aber gleichzeitig das Problem von Youtube und anderen „jeder Nutzer kann was hochladen“ Plattformen: das man die Perlen nicht findet, dass niemand einen Zusammenhang für einen herstellt, die Kunst in einen Kontext einbettet. Ein gelungenes Beispiel für kuratierte digitale Kunst bietet meiner Meinung nach http://dam.org, hier vor allem das Museum.

    2. Ich kenne mich auf dem Videokunstmarkt im Grunde gar nicht aus. Aber ich mutmaße jetzt mal wild drauf los: Warum kauft jemand Videokunst? Da geht es doch nicht nur um das einmalige Anschauen – das ist dann aus meiner Sicht Experimental- und/oder Kurzfilm. Vielmehr muss es doch um die Installation gehen und darum, dass man diese Kunst besitzt, darum dass sie nur bei einem zu Hause, im Firmenfoyer oder als Leihgabe irgendwo steht. Jedenfalls vermute ich das mal. Wenn ich mit den Annahmen recht hätte, dann ist den Künstlern – jenseits der Vernetzung und der höheren Bekanntheit, die es bringen könnte – auch nicht geholfen. Als Heranführung für so Videokunst-Unbeleckte wie mich nützt es auch nicht, weil eben die vom Kurator getätigte Auswahl fehlt und das in den Kontext stellen. Ich wüßte ja nicht, wonach ich auf so einem Portal suchen sollte.

    3. Für die Kunstfotografie gibt es ja durchaus einige Portale, die Fotografien von renommierten und hand-verlesenen Künstlern anbieten, beispielsweise http://www.seenby.de Die leben aber davon, dass sie nicht nur einen digitalen Download des Bildes verkaufen, sondern einen qualitativ hochwertigen Druck (teils auf Leinwand) oder einen echten chemischen Fotoabzug anbieten, teils auch gleich inklusive Rahmung. Sollte man für Videokunst nicht versuchen ein Äquivalent dazu zu finden? Du selbst sprichst ja die Sondereditionen etc. an.

    So weit erst mal… Freue mich auf Deine Ansichten zu diesen Einwänden.

    Grüße,

    Jennifer.

  3. Vielen Dank, Jennifer! So ein ausführliches Feedback bekomme ich nicht alle Tage. Jetzt zu den einzelnen Kritikpunkten:
    1. Es ging mir darum, einen neuen/zusätzlichen Distributionsweg für Videokunst zu finden! Das heißt keinesfalls, dass durch so ein Portal Museen überflüssig würden! Folglich brauche ich dir auch nicht zu widersprechen, denn du hast ja Recht, die Videos würden auf so einem Portal nicht kuratiert. Aber mal angenommen, du bist einen Tag nach Stuttgart gekommen, bist ins Kunstmuseum gegangen, wo du ein richtig gutes Video gesehen hast. Jetzt erzählt du deinen Freunden in Berlin davon, die total begeistert sind. Gerne würden sie sich das Video anschauen, aber deshalb über 600 km fahren??? Oder kann ja sein, dass du das Video einfach nochmal sehen willst. Mit dem Videokunst-Portal wäre das kein Problem. Nachdem du es angeschaut hast, würdest du dann ganz Amazon-like sehen, dass Personen, denen dieser Film gefallen hat, auch das Video von Künstler XY gut fanden. Und weil du gerade Zeit und einen Euro übrig hast, schaust du dir dann halt noch einen an. Und dann noch einen. In gewisser Weise „kuratieren“ also die Nutzer des Portals die Videos durch ihr Nutzerverhalten, ihre Kommentare und ihre Bewertungen. Aber klar, eine Kuration im klassischen Sinne ist das natürlich nicht. Soll es aber auch nicht sein! Das ist nicht der Zweck und die Aufgabe des Portals!

    2. Wie ich ja auch im Fazit geschrieben habe: Für Videokunst-Sammler ist das Portal sicherlich keine Alternative. Und auch hier kann ich wieder nur sagen: Soll es auch nicht sein! Ein Laie ist sicherlich nicht bereit für Videokunst 1.000 € auszugeben. Aber 1 €? Ja, warum nicht! Und wie oft schaut sich denn ein Sammler ein Video an? Doch auch nicht jeden Tag. Das gleiche Geschäftsmodell könnte man meines Erachtens auch ohne Weiteres auf ein Kurzfilm-Portal übertragen. Ich finde auch nicht, dass alles kuratiert sein muss. Wenn sich 100.000 Kunstinteressierte ein Video angesehen haben, die Bewertung bei 4,7 von 5 Sternen liegt und in den Kommentaren steht, dass es das durchgeknallteste Video der Welt ist, dann kann man sich es doch vielleicht auch mal anschauen… Und wenn du irgendwann mal einen ganzen Haufen guter Videos gesehen hast, dann lädst du deine Freunde ein: „Museum Jennifer lädt zum (nicht immer) lustigen Videokunstabend bei sich zu Hause.“

    3. Jein, so ein Angebot (wenn man z.B. Videokunst mit passendem Plasmabildschirm verkauft) würde sich aufgrund des hohen Preises doch wieder an Sammler richten. Von diesen gibt es schlichtweg nicht genug. Deshalb muss das Geschäftsmodell ja ein ganz anderes sein.

    Danke für die beiden Links! Kannte ich beide noch nicht.

  4. @Karin: Das Problem ist, dass Videokünstler meist keine Performance-Künstler. Aus meinem Bekanntenkreis kann ich dir allerdings auch sagen, dass Performance-Künstler die Ärmsten der Armen sind.

  5. @Axel: Ja, da wirst Du wohl recht haben…

    Musiker und Bands will man ja auch mal live spielen sehen (wobei es gute Studiomusiker gibt, die es nicht schaffen, live ihre Fans mitzureißen), aber Videokunst und Performance ist ja doch nicht dasselbe.

    Videokunst ist echt eine harte Nuss.
    Digital, kopierbar und es gibt weder die Möglichkeit, das Kunstwerk in eine materielle Form überzuführen und damit Geld zu verdienen (wie Du schreibst sind Videos + Plasmabildschirm nicht so einfach zu verkaufen wie Fotos als Kuntdruck…) noch Geld über Live-Auftritte zu holen (vgl. Musiker / Bands).

    Gerd Leonhard hat auf der letzten stARTconference propagiert, so viel wie möglich zu verschenken, um sich einen Namen zu machen, und dann das Kassenhäuschen dort aufzustellen, wo Geld zu holen ist.

    Wo könnte das sein im Bereich der Videokunst?
    Nachdem die Zielgruppe der Videokunst-Fans ja nicht so groß ist, wird es nur wenige Künstler geben, für die Museen und Galerien gut bezahlen, oder die von künstlerischen Auftragsarbeiten leben können.
    (Aber die werden ja vielleicht durch Dein Portal entdeckt…?)

    Die Realität wird eher sein, dass der Videokünstler von sonst was lebt und die Videokunst nebenher betreibt…
    Vielleicht kann er über das Portal durch die Möglichkeit der Selbstdarstellung wenigstens erreichen, dass das „sonstwas“ etwas mit seinem Handwerk zu tun hat – z.B. Werbefilme, Imagefilme, Animationen für Produktdarstellung…

  6. Sorry, für die späte Antwort, Axel, auf Deine ausführliche Antwort… Ich stimme Dir und auch Karin natürlich zu, dass so ein Portal im Sinne der PR und Vermarktung gute Dienste leisten kann. Im Hinblick auf ein Geschäftsmodell, glaube ich aber, ist das eher zu vernachlässigen. Alles, was man mal so an Zahlen hört, zeigt, dass selbst Videos auf Youtube mit 1 Million Views nicht wirklich viel für die Macher abgeworfen haben. Wobei ich natürlich weiß, dass es Dir eher darum ging, die grundsätzlichen Möglichkeiten aufzuzeigen und Du ja nicht argumentiert hast, dass die künftige Generation Videokünstler sich dadurch finanzieren könnte.

    In einer brand eins vom Jahresbeginn war ein sehr guter Artikel zu dem Typen von den Nine Inch Nails, der ja ein echter Pionier ist im Hinblick auf neue Geschäftsmodelle und sich die Digitalisierung zu nutze zu machen: http://www.brandeins.de/archiv/magazin/selber-machen/artikel/das-multitalent.html Auch er betont die profitablen Aspekte von Sondereditionen seiner CDs. Mir scheint, als ob das auch für Videokünstler ertragreicher sein könnte als Micropayments von einem Portal, wenn denn Vermarktung und Distribution stimmen. Aber dafür wäre dann so ein Portal ja wieder eine gute Möglichkeit 🙂

  7. Ich muss gestehen, ich tendiere auch immer mehr zu Sondereditionen. Micropayment steckt schon seit Jahren in den Kinderschuhen und wird nicht erwachsen.

    Wenn man sieht, für welche Unsinnigkeiten Leute bereit sind, Geld auszugeben, dann sollte man das nutzen und ihnen das anbieten, wonach sie verlangen.

  8. Bei der Podiumsdiskussion herrschte allerdings weitestgehend Einigkeit darüber, dass Sondereditionen die Chancen auf einen Verkauf nur geringfügig verbessern. Und eben weil Sondereditionen nicht den gewünschten Erfolg bringen, muss ein grundlegend anderes Geschäftsmodell her.

    Ich hatte eigentlich gehofft, dass sich Ramona Dengel vom Kunstbüro http://www.kunstbuero-bw.de/kontakt.html in die Diskussion einklinken würde. Die kann einiges über die Probleme der Künstler berichten. Vielleicht schreib ich ihr nochmal eine E-Mail.

    Micropayments funktionieren übrigens bei itunes, Skype oder in Online-Games gut. Vor allem in Verbindung mit einem Pre-Paid-System sehe ich für Micropayments weiterhin enorme Potenziale. Mal sehen wann Kachingle in die Gänge kommt…

  9. @Axel: zugegeben: mit Sondereditionen hat nur Erfolg, wer eh schon erfolgreich ist. Als Newcomer ist das wohl nicht das probate Mittel.

    Micropayment mag man in anderen Ländern als „Erfolg“ bezeichnen. Bei uns eher nicht, wo doch die Angst, online die Kreditkarte zu nutzen, noch weitverbreitet ist.

    Aber Du hast Recht, bei den von Dir angeführten Beispielen extistiert dieses Modell. Im Fall von Skype liegt das wahrscheinlich daran, dass es die kostengünstigste Variante ist, um weltweit telefonieren zu können.

    Bei Musik und Online-Spielen liegt der Fall etwas anders. Hier sind es vor allem die Fans, die bereit sind, für die Angebote zu zahlen. Womit wir beim wahrscheinlich wichtigsten Faktor sind: ohne die entsprechende Fankultur funktioniert so ein Modell nicht.

    Jetzt musst Du Dir nur noch die Frage stellen, wie das bei der Videokunst damit aussieht, dann weißt Du, warum es in diesem Fall nicht funktioniert.

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