Nina Simon hat mit „The Particaptory Museum“ ein wirklich herausragendes Buch geschrieben, dass man online komplett kostenlos lesen kann. Obwohl ich Schwabe bin, habe ich mir dennoch das Buch als pdf gekauft. Klingt verrückt, ist aber tatsächlich so. Denn Nina Simon hat es wirklich verdient! Man kann jedem deutschen Verleger nur raten, dieses Buch ins Deutsche zu übersetzen, denn es ist Gold wert. Doch genug der Lobhudelei, zum Inhalt:
Simon nennt vier verschiedene Partizipationsmodelle, die abhängig vom Ziel des Museums oder des Projekts angewandt werden können, die jedoch nicht qualitativ miteinander verglichen werden sollten (vgl. Simon 2010: 188).
1. Contribution (dt. Mitarbeit):
Der gängigste Weg der Partizipation ist die Mitarbeit. Besucher können sich einbringen, indem sie Gedanken und ihre Werke in öffentlichen Foren teilen, indem sie bei Museumsbesuchen mündlich oder schriftlich Feedback geben, Objekte oder Werke für Crowdsourcing-Ausstellungen und Sammelprojekte zur Verfügung stellen, ihre Meinung im Gästebuch, auf Kommentarwänden, auf Fahrten oder Bildungsprogrammen äußern oder Erinnerungen und Fotografien im Internet zur Schau stellen (vgl. Simon 2010: 203 f.).
2. Collaboration (dt. Zusammenarbeit):
Während unter Contribution eine eher beiläufige Mitarbeit der Besucher zu verstehen ist, basieren Collaboration-Projekte auf einer Bindung zwischen Teilnehmer und Museum und werden von den Museen initiiert. Museumsmitarbeiter arbeiten mit Partnern aus der Community an neuen Programmen, Ausstellungen und Angeboten. Die Teilnehmer können seitens des Museums aufgrund ihres spezifischen Wissens oder ihrer Fähigkeiten, ihrer Verbindung zu relevanten Kultur- oder Zielgruppen ausgewählt werden. Bei manchen Collaboration-Projekten können die Teilnehmer als Berater dienen, bei anderen als (ehrenamtliche) Mitarbeiter, die zusammen mit den Museumsmitarbeitern an der Planung und Durchführung von Projekten arbeiten (vgl. Simon 2010: 231 f.).
3. Co-creation (dt. Mitbegründung):
Co-kreative Projekte basieren auf Partnerschaften mit den Teilnehmern und sind nicht allein darauf ausgelegt, den Zielen der Institution zu dienen. So können Communities die Beihilfe des Museums suchen, um Projekte zu ermöglichen oder das Museum kann den Kontakt zu bislang unbeachteten Gruppen suchen, um voneinander zu profitieren. Statt dem Aufruf des Museums „Wir wollen eine Ausstellung über Kartoffelbauern machen. Bitte kommt und helft uns bei der Umsetzung!“, würden die Museumsmitarbeiter fragen: „Kartoffelbauern, habt ihr eine Idee, wie wir zusammen eine Ausstellung machen können?“. Eine andere Möglichkeit wäre, dass die Kartoffelbauern mit ihrem Anliegen zum Museum kommen. Co-kreative und kollaborative Projekte sind hinsichtlich ihrer Prozesse oft sehr ähnlich, doch steht bei co-kreativen Projekten stärker der Community-Aspekt im Vordergrund. Co-creation-Projekte ermöglichen Kultureinrichtungen lokalen Communities eine Stimme zu geben und auf ihre Bedürfnisse einzugehen, den Community-Mitgliedern einen Ort zu geben, an dem sie sich engagieren und in Dialog treten können und Teilnehmern dabei zu helfen, ihrer Fähigkeiten weiterzuentwickeln, so dass sowohl die individuellen wie auch die Community-Ziele gefördert werden (vgl. Simon 2010: 263 f.).
4. Hosting (dt. Moderation):
Bei Hosting-Projekten stellt das Museum einen Teil seiner Räumlichkeiten und/oder Ressourcen zur Verfügung, um Angebote zu präsentieren, die von Gruppen oder Besuchern entwickelt und durchgeführt werden. Die Institutionen teilen ihren Raum und/oder ihre Werkzeuge mit gänzlich unterschiedlichen Gruppen, von Amateurastronomen bis hin zu Strickern. Hosting-Projekte ermöglichen es Teilnehmern, den Rahmen der Institution zu nutzen, um ihre eigenen Bedürfnisse zu befriedigen. Die Beteiligung des Museum ist dabei minimal. Hosting-Projekte können die Öffentlichkeit ermutigen, die Institution auf vielfältige Art und Weise zu nutzen, die Besucher dazu animieren auf kreative Weise die Institution und deren Inhalte zu nutzen, Raum bieten für unterschiedliche Perspektiven, Ausstellungen und Performances, die Museumsmitarbeiter nicht präsentieren wollen oder können, neue Zielgruppen erreichen, die die Institution bislang nicht als Ort für ihre Interessen begriffen (vgl. Simon 2010: 281).
Eine Antwort
Ja, das Buch ist wirklich lesenswert. In meinen Augen verfolgt Simon damit den klassischen Weg, um Netzwerke zu ermöglichen. Interessant in diesem Zusammenhang ist unter Umständen auch die Studie Museums & Society 2034: trends and potential futures .