Nachdem die letzten Tage stressig waren, ich aber mittlerweile meine letzte Ausarbeitung, meinen letzten Essay und meine erste und letzte Masterarbeit abgegeben habe, bin ich nun frisch gebackener Social Media Beauftragter an der Deutschen Oper Berlin.
Die Masterarbeit wird bald veröffentlicht, muss allerdings noch von meinen Interviewpartnern gegengelesen werden. Bevor sie am Stück veröffentlicht wird, gibt es ein paar Auszüge. An dieser Stelle die Einleitung:
Ein neues Phänomen sind soziale Netzwerke nicht, denn Menschen leben seit Jahrmillionen zusammen und pflegen Kontakte mit Verwandten und Freunden. Ebenfalls seit Langem werden persönliche Beziehungen aktiv genutzt, um sich beispielsweise bei Verhandlungen eine bessere Ausgangsposition zu verschaffen oder um die Karriereleiter schneller hinaufzusteigen. Dass Netze genutzt werden, ist also nichts Neues. Durch das Internet und insbesondere durch das Web 2.0 haben Vernetzungen jedoch erheblich an Bedeutung gewonnen. Während sich noch vor einigen Jahren die Vernetzungen auf das Setzen von Links und auf Diskussionen in Foren konzentrierten, werden heutzutage auf sozialen Netzwerkplattformen wie Facebook oder StudiVZ Freundschaften geschlossen. Gleichzeitig verbreitet sich das Mobile Web durch internetfähige Smartphones und Tablet-Computer rasant. Mit einem iPhone hat man nicht nur das Internet in der Hosentasche, sondern auch sein soziales Netzwerk.
Diese Entwicklungen haben dazu geführt, dass das Internet unser Zusammenleben in vierfacher Weise verändert hat: Erstens haben sich unsere Netzwerke erheblich vergrößert und umfassen potenziell eine sehr viel größere Zahl von Menschen. Zweitens hat die Zahl der spezifischen Zwecke, zu denen wir Beziehungen eingehen, sprunghaft zugenommen. Drittens können wir in sehr viel größerem Umfang Informationen austauschen und zu gemeinschaftlichen Aktivitäten beitragen. Und viertens sind wir in der Lage, verschiedene virtuelle Identitäten anzunehmen (vgl. Christakis/Fowler 2010: 347 f.). Doch trotz dieser Möglichkeiten, die das Internet bietet und die von den Nutzern auch wahrgenommen werden, führt nur ein Bruchteil der Menschen im Internet tatsächlich ein „Second Life“ ; das „erste Leben“ bleibt meist auch das einzige. Kontakte können im Internet geknüpft werden, doch das persönliche Treffen bleibt die beste Möglichkeit, diese Beziehungen zu festigen (vgl. Weinberg 2010: 346).
Die Online-Welt ist nicht zu einer Parallelwelt, sondern zu einem integralen Bestandteil unseres Alltags geworden. Wenn die Grenzen zwischen diesen beiden Welten nicht mehr klar zu trennen sind, kann auch das Relationship Marketing von Museen nicht nur offline oder nur online stattfinden, sondern die Beziehungen zu den Besuchern/Kunden müssen offline und online gepflegt werden. Durch die zunehmende Dichte und Reichweite von sozialen Netzwerken und die Möglichkeit, für jeden Internetnutzer Informationen online zu stellen und global abrufbar zu machen, entstehen auch für das Empfehlungsmarketing neue Chancen. Gerade weil wir in einer Informationsgesellschaft leben und die Informationsflut kaum bewältigen können, gewinnen Ratschläge aus unserem sozialen Netzwerk an Bedeutung. Wenn Klein im Jahr 2003 schreibt, dass sich bei Befragungen im Kulturbereich mehr oder weniger immer das gleiche Bild ergibt, „die meisten sind durch die berühmten Freunde und Bekannte aufmerksam geworden“ (Klein 2008 : 216), so lässt sich 2010 konstatieren, dass dieser Trend weiter zugenommen hat – allein der Kommunikationskanal hat sich verändert. Während bis vor einigen Jahren Empfehlungen vornehmlich im persönlichen Gespräch oder telefonisch ausgetauscht wurden, werden heutzutage Informationen vor allem über soziale Netzwerkplattformen wie Facebook gestreut. Diese noch junge Form der Informationsverbreitung ist für Museen Chance und Gefahr zugleich. Denn sowohl positive wie auch negative Nachrichten können virale Effekte erzeugen. Es gilt also, die bereits bestehenden sozialen Netzwerke von Besuchern für das Museumsmarketing bestmöglich zu nutzen.
Gegenstand
Gegenstand der Arbeit ist das Relationship Marketing für Museen, in dessen Zentrum der Aufbau und Ausbau von Kundenbeziehungen steht. Insbesondere wird dabei auf interaktive und kommunikative Aspekte der Vernetzung zwischen Museum und Besucher eingegangen. In der Arbeit wird ein interdisziplinärer Ansatz verfolgt und untersucht, wie die wissenschaftlichen Erkenntnisse aus der soziologischen Netzwerkforschung für das Relationship Marketing für Museen nutzbar gemacht werden können.
Ziel
Ziel der Arbeit ist es, aufzuzeigen wie Museen Beziehungen zu und zwischen Besuchern aufbauen können und wie sie die Netze ihrer Besucher für das Museumsmarketing nutzen können. In beiden Teilen soll gezeigt werden, wie sich diese Prozesse offline (z.B. im Museum) wie auch online (z.B. auf sozialen Netzwerkplattformen) gestalten lassen und wie diese beiden „Welten“ im Rahmen von integrierten Konzepten miteinander kombiniert werden können. Für das Museum wie auch für die Besucher kann dadurch eine Win-Win-Situation entstehen. Die Vernetzungsprozesse können dem Museum helfen, von dem Beziehungsnetzwerk ihrer Besucher zu profitieren und die Bindung zu ihren Besuchern zu stärken, mit dem Ziel, sie als langfristige Fans und Förderer zu gewinnen. Für den Besucher kann durch Vernetzungen vor allem das soziale Kapital gesteigert werden. Indem er im oder durch das Museum interessante Leute kennenlernt und mit diesen interagiert, kann er sein soziales Netzwerk erweitern und davon privat oder geschäftlich profitieren.
These
Vor diesem Hintergrund lautet die These dieser Arbeit, dass sich das Museumsmarketing zukünftig verstärkt auf Beziehungsnetzwerke konzentrieren muss, da über die bisherigen Marketinginstrumente die Zielgruppen nicht mehr adäquat erreicht und ihre Bedürfnisse nicht mehr ausreichend befriedigt werden können. Dabei müssen verschiedene Kommunikationskanäle bedient und sowohl offline wie auch online Angebote geschaffen werden, um Vernetzungen auf- und ausbauen und zu pflegen.
Methodik
Die These soll durch die Kombination zweier Methoden verifiziert bzw. falsifiziert werden: Zum einen durch eine Literaturanalyse, zum anderen durch sechs leitfadengestützte Experteninterviews. Drei der befragten Akademiker kommen aus dem Bereich der Soziologie mit dem Schwerpunkt Netzwerkforschung, die anderen drei eher aus dem Bereich der Kommunikationswissenschaften mit dem Schwerpunkt soziale Online-Netzwerke/Web 2.0. Demnach erfolgt zum einen eine Annäherung an Gegenstand, Ziel und These der Arbeit aus netzwerkanalytischer Sicht, zum anderen wird auf die Besonderheit sozialer Netzwerke online eingegangen.
Gang der Argumentation
Auf diese Einleitung folgen im zweiten Kapitel Grundlagen aus den Bereichen Relationship Marketing und der Netzwerkforschung. Dabei wird neben Begriffsdefinitionen und -abgrenzungen auch auf den Zusammenhang von Realität und Virtualität eingegangen, die wichtigsten Netzwerkgesetze werden erläutert sowie der soziale Nutzen von Museumsbesuchen herausgearbeitet. Im dritten Kapitel wird die empirische Untersuchung vorgestellt und die wesentlichen Ergebnisse der Experteninterviews thematisch zusammengefasst vorgestellt. Im vierten und fünften Kapitel werden die aus den zuvor gewonnenen Erkenntnissen verwertet und gezeigt, wie Netze gesponnen werden können. Zuerst theoretisch, dann konzeptionell, wird gezeigt, wie sich Museen strategisch vernetzen können und welche Instrumente ihnen hierfür zur Verfügung stehen. Im fünften Kapitel wird zunächst auf den Unterschied zwischen schwachen und starken Empfehlungen eingegangen und dann mittels eines Konzeptionsmodells erläutert, wie und mit welchen Instrumenten sich Netze strategisch nutzen lassen. Die Arbeit schließt mit einem Fazit.