Gute Kontakte zu Bloggern werden keine Besucherschwemme auslösen und auch nicht die jungen Leute ins Theater oder Museum beamen. Trotzdem sollten Kultureinrichtungen Beziehungen zu Bloggern (Blogger Relations) aufbauen und pflegen. Anders als beispielsweise im Technikbereich, kostet das weder viel Zeit, noch viel Geld. Das hat einen einfachen Grund: es gibt kaum Kulturblogger.
Keinen Unterschied zwischen Bloggern und Journalisten machen!
Jens Stoewhase von medienrot schreibt in seinem Beitrag zu Mike Schnoors Blogparade u.a. „BloggerInnen kosten Geld“, „BloggerInnen kosten Zeit“ und „BloggerInnen wollen gutes Material“. Aber – und das schreibt er auch – dasselbe gilt ebenso für Journalisten. Die „ganz normale“ Pressearbeit sollte sich folglich nicht von den Blogger Relations unterscheiden. Das heißt auch, dass man Blogger wie Journalisten behandeln sollte.
Sag‘ ruhig Sie!
„Mo-ho-ment!“, denken jetzt vielleicht einige. Bloggern muss man doch viel persönlicher und viel lockerer entgegentreten, mehr so in Richtung: „Hey Axel, wär cool, wenn du bei unserer nächsten Vernissage vorbeischneien würdest…“. Denke ich nicht. Wenn ich von einem renommierten Museum, sagen wir mal der Dresdner Gemäldegalerie, so eine E-Mail bekäme, fände ich das zwar witzig und irgendwie cool, aber gleichzeitig irritierend, weil das einfach nicht zur Institution passt. Insofern ist imho ein „Hallo Herr Kopp, wir möchten Sie zu unserer nächsten Vernissage einladen…“ angebracht. Man darf Blogger laut den internationalen Bloggerregeln zwar direkt duzen, allerdings halte ich ein „Sie“ beim Erstkontakt für angemessener. Die Anrede „Sehr geehrte Damen und Herren“ geht hingegen nicht (auch nicht, um „normale“ Journalisten anzuschreiben).
Bloggern die Anreise zahlen?
Sebastian „Museumsheld“ Hartmann schreibt: „(…) wenn aus aller Herren Länder die Blogger strömen sollen, MUSS es ein gut gestaltetes Programm, ein bißchen was auf die Gabel, ein kleines Goodie am Ende und vor allem die Übernahme von Reisekosten geben.“ Seine Begründung: Blogger haben in der Regel keinen Arbeitgeber, der ihnen die Fahrtkosten erstattet. Meine Meinung: Fahrtkosten sollte eine Kultureinrichtung übernehmen, wenn sie weiß, dass der Blogger über die Veranstaltung schreibt und relevant ist, d.h. innerhalb seines Metiers eine gewisse Reichweite hat. Und das ist das größte Problem im klassischen Kulturbereich:
Es mangelt an Kulturbloggern!
Ich fühle mich ja geehrt, dass mich die Schirn, das Städel und ein paar andere Museen regelmäßig einladen, aber ich blogge nicht über Ausstellungen. Doch wo sind die Kunstgeschichte-Studenten, die über ihre Museumsbesuche schreiben? Wo die arbeitslosen Theaterwissenschaftler, die Inszenierungen verreißen? Und wo die Klassikfreaks, die einen guten von einem schlechten Dirigenten unterscheiden können? Ich kann sie nicht sehen. In jeder Sparte kann man die Anzahl an ernstzunehmenden Kulturbloggern an einer Hand abzählen. Es ist bezeichnend und beschämend für die deutsche Kulturlandschaft, dass es mehr Kulturmanagement-Blogs als Kultur-Blogs gibt. Dass einige Theater und über 60 Museen mittlerweile selbst bloggen, ist ja toll und schön, wichtiger wäre aber, dass jemand über sie schreibt. Warum das niemand tut, steht in einem Artikel über Theaterblogs auf nachtkritik.de: „Der hohe Zeitaufwand ohne Aussicht auf eine Entlohnung (…), die ermüdende Regelmäßigkeit, mit der man veröffentlichen muss, um einen Blog am Leben zu erhalten, das mangelnde Feedback, der letztlich einzige Liebesbeweis, den man fürs öffentliche Schreiben erhält, sind schwerwiegende Gründe, mit dem Bloggen aufzuhören.“ Oder eben erst gar nicht anzufangen.
livekritik.de könnte man noch als Rezensions-Plattform beziehungsweise Multiautorenblog nennen. Ja, nennen könnte man die Website schon, aber in Relation zur Anzahl an Inszenierungen, Konzerten und Ausstellungen finden sich dort nur zur sehr ausgewählten Veranstaltungen Einträge – um es höflich zu formulieren. Regionale Kulturreporter (=Blogger) werden entsprechend gesucht.
Stadtblogs kontaktieren
Kultur ist in der Regel ein lokales bis regionales Phänomen. Nur die allerwenigsten Leute legen mehr als 50 km zurück, um sich eine Ausstellung oder eine Inszenierung anzuschauen. Entsprechend sind für Kultureinrichtungen Stadtblogs wichtig. Und wie viele gibt es davon? Richtig, sehr wenige. In Stuttgart gibt es mit kessel.tv einen gescheiten Stadtblog und in Düsseldorf existieren momentan nur ein paar Stadtteilblogs, von denen jedoch nur einer überhaupt mehr als fünf Sätze schreibt. Das ist leider alles sehr, sehr überschaubar. Umso wichtiger ist es deshalb, die Kultur- und Stadtblogger, die es gibt, ernst zu nehmen!
Schreibe einen Kommentar