Am 24. Oktober haben neun Düsseldorfer Off-Kulturvereine ihre Forderungen an die Stadt mit dem Titel „Für die Off-Kultur!“ an den hiesigen Oberbürgermeister übergeben (siehe Bild oben). Die Veranstaltung markierte das Ende eines mehrmonatigen Prozesses, bei dem ich quasi der Primus inter Pares war. Jetzt möchte ich den Spieß einmal umdrehen und fünf Forderungen an die Off-Kultur stellen.
Werdet innovativer!
Zu viele Veranstaltungen und Ausstellungen in der Düsseldorfer Off-Kulturszene sind leider nicht sonderlich spannend. Es gibt zu viele klassische Ausstellungen, zu viele langweilige Lesungen und zu viele unmotivierte Konzerte. Dabei muss man die Welt nicht immer neu erfinden. Manchmal reicht es, alten Formaten einen kleinen Dreh, ein bisschen Effet zu geben und sie so zu was Neuem zu machen. In der Vergangenheit wurde so aus einer Lesung ein Poetry Slam oder aus einem Vortragsabend eine PechaKucha Night.
Wie einige andere Formate auch, haben sich die beiden genannten mittlerweile etabliert und ziehen automatisch Publikum. Auf solche „Cash Cows“ sind Off-Kulturvereine finanziell angewiesen und ihre Ausrichtung ist deshalb auch nicht verwerflich (immer noch besser als Barabende oder Halloween-Partys…). Nichtsdestotrotz sollte Erfolg im Sinne einer hohen Besucherzahl Anlass geben, sich zu überlegen, das entsprechende Format an einen anderen, größeren Träger zu übergeben oder es schlichtweg durch ein neues zu ersetzen. Denn für die Off-Kultur muss Innovation stets über Besucherzahl stehen.
Dass Off-Kultur neue Formate entwickeln kann, hat sie bereits zigfach unter Beweis gestellt, beispielsweise durch
- die Übertragung von bestehenden Formaten auf andere Sparten wie beim „Song Slam“,
- hybride Formate (Zusammenführung zweier Elemente, die nichts miteinander zu tun haben) wie die Kunst-Aerobic,
- absurde und offene Open-Mic-Veranstaltungen wie dem Witzeabend,
- Aufwertung von Formaten durch „passendes“ Essen wie bei „Lemke und labbrige Leberwurstbrote“,
- Verlagerung von Veranstaltungen an besondere Orte wie bei „Four Rooms“,
- Mixed Shows mit Künstlern unterschiedlicher Sparten wie bei „Text, Ton, Applaus“ oder
- Retro-Formate wie bei „Games People Play“ (alte Konsolenspiele zocken).
Werdet mutiger!
Off-Kultur braucht Raum für Remmidemmi, denn laut zu sein, ist ein immanenter Bestandteil der Off-Kultur. Alles andere ist Galerie. Das kann man gar nicht oft genug betonen. Da viele Locations zentrumsnah liegen, birgt eine erhöhte Lautstärke nach 22 Uhr die Gefahr, dass Anwohner sich beschweren. So reichen im Prinzip kontinuierliche Beschwerden einer einzigen Person aus, um einen Verein komplett dicht zu machen, zumal kein Off-Kulturverein der Welt alle behördlichen Auflagen erfüllt und somit die klagende Person am längeren Hebel sitzt. Off-Kulturvereine stehen damit vor der Wahl, sich dem Gesetz zu beugen oder zu riskieren, den Verein an die Wand zu fahren. Meiner Meinung nach kommt nur Letzteres in Frage, denn sonst verliert die Off-Kultur auf Dauer ihre Seele. Es geht wohlgemerkt nicht darum, laut zu sein um des Laut-Seins willen, sondern darum, den Charakter der Off-Kultur zu bewahren.
Werdet technischer!
Viele Künstler und Kulturleute glänzen nicht gerade durch Technikaffinität. Auch 2015 gibt es noch deutlich mehr Öl auf Leinwand als Pixel auf Display. Netzkunst wie sie in Düsseldorf das Digital Empire zeigt, Kooperationen zwischen Kultur und Tech-Initiativen wie bei „Game on Stage“ oder Shows wie meine (Ende 2014 abgesetzte) peanutbutterjellytime bilden die Ausnahmen. Gegenüber großen Einrichtungen mit langen Planungsphasen haben Off-Kulturvereine den Vorteil, klein zu sein und schnell reagieren zu können. Off-Kultur ist damit geradezu für die Bearbeitung von Netzphänomenen und technischen Entwicklungen prädestiniert. Eine Vine-Ausstellung, eine Veranstaltung über „Kunst aus dem 3D-Drucker“, ein kulturell inspirierter Periscope-Walk… das sind Themen, denen sich die Off-Kultur annehmen sollte.
Werdet jünger!
Bei manch einem Off-Kulturverein kann man bereits anhand der Website sehen, dass sich hier nicht gerade die hippen Young Potentials tummeln. Muss auch nicht. Denn wichtiger als das tatsächliche Alter ist es, sich die Frische im Kopf zu bewahren und sich immer und immer wieder auf Neues einzulassen und Neues zu schaffen. Schaut man sich die Düsseldorfer Off-Szene (oder ein x-beliebiges Unternehmen) an, kann man allerdings einen Zusammenhang zwischen Altersstruktur und Innovationsbereitschaft beobachten. Oder in anderen Worten: Jüngere Vereine bringen mehr und spannendere Formate hervor. Also, verjüngt euch!
Werdet mehr!
Um einen eingetragenen Verein zu gründen, braucht es bekanntlich sieben Personen. Schaut man sich die Düsseldorfer Off-Kulturszene an, so gibt es meines Wissens nur zwei Vereine, die mehr als sieben aktive (!) Mitglieder verzeichnen. Obwohl sich die Off-Kultur strukturell dadurch auszeichnet, dass es viele kleine Vereine gibt, sind das auf Dauer zu wenig. Die Anwerbung von neuen aktiven Mitgliedern ist wichtig, zumal Off-Kultur meistens ehrenamtlich organisiert ist und Berufstätige schnell an ihre Belastungsgrenzen stoßen. Nicht zuletzt um einen größeren Druck auf die bisherige Kultur(finanzierungs)politik zu erzeugen, sind mehr Mitglieder von Nöten.