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Image-Videos von Hochschulen: Boom und Krise

Hand aufs Herz: Hast du dir schon mal freiwillig einen Image-Film bis zu Ende angeschaut? Gleichzeitig werden sie von Universitäten, FHs und Unternehmen sehr gerne erstellt. Doch warum werden so viele teure Videos produziert, wenn sie sich kaum jemand ansieht? Und wie könnte man sie besser machen?

Handwerklich sind sie meist gut gemacht: tolle Bilder, beeindruckende Drohnenaufnahmen, lachende Menschen, schönes Licht, epische Musik und eine sonore Off-Stimme. Fertig ist das Image-Video. Und genau hier liegt bereits ein Hauptproblem: Viele Image-Filme gleichen sich hinsichtlich ihres Aufbaus, ihrer Machart und Bildsprache. Alles ist erwartbar und aus diesem Grund langweilig. So offensichtliche Parallelen wie im Image-Video von SPD-Politiker Stephan Weil und dem eines Schönheitschirurgen gibt es zwar selten, überspitzt formuliert könnte man jedoch sagen: Haste einen gesehen, haste alle gesehen. Aus diesem Grund sollte man sich vor der Produktion eines Image-Videos fragen, ob es wirklich das klassische Format sein muss oder ob man nicht doch versucht, etwas Neues zu wagen, es beispielsweise als Unboxing-Video aufzieht, im Stil eines Wes Andersons dreht oder als ungeschnittenen One-Shot aufnimmt. Dabei kann die Idee durchaus simpel sein, wie das Video „Typisch TUM“ der Technischen Universität München zeigt:


Wichtig: eine gute Dramaturgie und Story

Image-Videos zeigen in der Regel eine perfekte Welt, die einem kaum noch jemand abkauft. Auf YouTube kann das zu durchaus heftiger Kritik führen: „Totales Geschleime, komplett realitätsfern (…).“ Wie bei einem „normalen“ Werbe-Clip auch, ist es daher ratsam, nicht zu sagen, wie toll die Universität oder der Studiengang ist, sondern eine kleine Geschichte zu erzählen und so das Video in einen Film zu verwandeln. Zumal eine klare Dramaturgie mit einem wahrnehmbaren Spannungsbogen den Zuschauer auch bei Laune hält. Oft heißt es ja, dass ein YouTube-Video maximal ein, zwei Minuten gehen dürfe. Das greift allerdings zu kurz, denn einerseits springen die meisten Nutzer schon nach wenigen Sekunden ab, andererseits sind sie auch bereit, sich längere Videos anzusehen – wenn die Geschichte stimmt. Deshalb ist es wichtig, den Zuschauer bei der Stange zu halten – beispielsweise durch überraschende Informationen, Emotionen, Spannung oder Humor – und auf das Ende hinzuarbeiten. Mit der Liebesgeschichte „Love, Loss, and Other Lessons Learned“ ist das meiner Meinung nach der Universität St. Gallen hervorragend gelungen:


360-Grad-Videos erhöhen die Authentizität

Um Image-Filme glaubwürdiger erscheinen zu lassen, werden mitunter O-Töne von Angestellten oder Studierenden eingestreut. Authentischer werden sie dadurch aber nicht, da jedem Nutzer klar ist, dass eine Hochschule jegliche ernsthafte Kritik aus dem Video schneiden würde. Entsprechend kann man sich solche O-Töne auch direkt sparen. Ein Video, das tatsächlich authentisch wirkt, kommt von der Uni Leipzig, in dem ein Student den Nutzer auf eine Campus-Tour mitnimmt. Da die Uni nur en passant beworben wird und der Student mit seiner Umhängetasche und dem sächsischen Akzent auch eine gewisse Lockerheit mitbringt, wirkt das Video ungezwungen und natürlich. Außerdem wurde es als 360-Grad-Video produziert, was einem die Chance gibt, sich während der Tour umzuschauen (und man so sehen kann, dass die Räume nicht aufwendig inszeniert wurden). Dadurch vergeht auch die Zeit schneller und das Video kommt einem kürzer vor als es ist. Generell sind Interaktionen immer eine gute Idee, allerdings gibt es da nur wenige Möglichkeiten. Dramaturgisch ließen sich Nutzer beispielsweise über ein Quiz einbeziehen, rein technisch kann man auf YouTube nur einfache Abstimmungen erstellen.


Fazit: Image-Videos haben ein schlechtes Image

So verbreitet Image-Filme sind, so unbeliebt sind sie bei den Nutzern. Das heißt nicht, dass sie sinnfrei sind, sondern dass man sie besser machen sollte. So, dass die Zielgruppe sie gerne schaut. Denn einen Eindruck von einer Uni zu bekommen, kann für einen Studieninteressierten, der die Hochschule und/oder die Stadt nicht kennt, durchaus nützlich sein. Die Videos sollten dann aber auch zeigen, wie es vor Ort aussieht – keine Märchenwelt. Dass man auch hier neue Wege gehen kann, zeigt das Timelapse-Video der Ruhr-Universität Bochum. Prinzipiell würde etwas mehr Kreativität den meisten Image-Filmen nicht schaden. Mag sein, dass sie dann aus dem Genre herausfallen, aber wäre das schlimm?


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