Bei Museen scheint die Diskussion bereits durch und die Antwort eindeutig: JA! Oftmals um ein „leider“ ergänzt und von einem mürrischen Grummeln begleitet. Theater haben Instagram zwar auch für sich entdeckt, für Instagrammer sind sie dennoch uninteressant. Ein Fehler?
Wie viele Instagram-Nutzer es in Deutschland gibt, weiß man nicht genau. Aktuelle, offizielle Statistiken existieren nicht – und selbst wenn es die gäbe, sollte man sie mit Vorsicht genießen (Stichwort: Fake Accounts und Definition von „aktiver Nutzer”). Als Anhaltspunkt deshalb nur zwei Zahlen: Im August 2017 soll es 15 Millionen, im Juli 2019 wohl 19 Millionen Instagram-Nutzer in Deutschland gegeben haben. Dass „Insta“ für viele mehr als nur ein Zeitvertreib ist, zeigt sich wohl in der Tourismusbranche am deutlichsten. In einem FAZ-Artikel wird die Statistik einer englischen Versicherungsfirma zitiert, wonach „vierzig Prozent aller Reisenden unter 33 Jahren ihr Reiseziel nach Instagrammibilität aussuchen“. Und Boulevard-Magazine wie die BILD geben folgerichtig Artikel wie „Die besten Ziele für Instagram-tauglichen Urlaub“ heraus.
Museumsausstellungen werden von Instagram beeinflusst
Dass sich Museen dem sozialen Netzwerk nicht entziehen können, manifestierte Anika Meier im Monopol-Magazin schon 2017: „Instagrammig muss es sein.“ Kritisch, aber weder resigniert noch kulturpessimistisch, setzt sie sich dabei mit der Thematik auseinander und kommt zu dem pragmatischen Schluss: „Einen Tod muss man sterben, wenn von der Formel ausgegangen wird: mehr Sichtbarkeit in den Sozialen Medien = mehr Besucher im Museum.“ Dass Museen selbst auf Instagram präsent sind, also einen eigenen Account betreiben, ist dabei nur das Zweitwichtigste. Von größerer Bedeutung ist, dass die Ausstellung selbst instagrammable sein muss, sprich die Besucher die Exponate abfotografieren und ein Selfie von sich davor machen können. Dabei gilt: Je fotogener ein Werk, desto besser. Großformatige, ästhetisch beeindrucke Installationen sind entsprechend besonders gefragt.
Wie tief Instagram ins Museum greifen kann, zeigt sich meiner Meinung nach im IllusionenMuseum (Berlin, Hamburg, Wien) gut. Dort werden zwar keine Kunstwerke, sondern optische Täuschungen gezeigt, erwähnenswert ist es trotzdem, da es hier sowohl spezielle Foto-Spots gibt, von denen sich die Illusionen besonders gut ablichten lassen, als auch Mitarbeiter, die aktiv auf die Besucher zugehen und fragen, ob sie ein Foto von ihnen machen sollen.

Theater sind auf Instagram, aber nicht instagram-tauglich
Stellt sich die Frage, wie Theater mit diesem Mega-Trend umgehen. Bislang tun sie das vor allem, indem sie selbst einen Account betreiben. So sind meines Wissens alle größeren Theater beziehungsweise deren Sparten auf Instagram aktiv – und machen dort größtenteils einen guten Job. Einige Theater laden in unregelmäßigen Abständen auch (Micro-)Influencer ein, die dann die Möglichkeit haben, über einzelne Stücke zu berichten und in diesem Zug einen Blick hinter die Kulissen werfen können – ebenfalls eine gute und kostengünstige Idee, um Reichweite zu generieren.
Schauspieler haben Instagram ebenfalls für sich entdeckt und erzeugen, indem sie Bilder von sich in Kostümen und bei Proben posten, Aufmerksamkeit für die am Theater stattfindenden Produktionen. Meines Wissens wird dieser Punkt von den Einrichtungen nicht aktiv gefördert, was einerseits verschenktes Potenzial, andererseits nachvollziehbar ist. Denn gerade die überregional bekannten Schauspieler – man denke an Lars Eidinger mit seinen rund 100.000 Abonnenten – sind oft nur für eine befristete Zeit oder für einzelne Inszenierungen am Theater. Außerdem gilt es den Haussegen zu wahren, einzelne Künstler nicht zu sehr über andere zu stellen. Interessanterweise gibt es dahingehend Parallelen zum Sport: So können Fußballvereine zwar hervorragend mit ihren Stars werben, leben jedoch mit der ständigen Gefahr, dass diese den Verein wechseln (oder Leistungseinbrüche haben).

Wie können Theater für Instagrammer attraktiver werden?
Fangen wir von vorne an: Ein schönes Gebäude hat zwar nicht jedes Theater, jene die es haben, könnten Instagrammer aber dazu ermuntern, Fotos davon zu posten. Das ließe sich durchaus fördern, indem beispielsweise Personen gegen Vorlage des Posts nur den ermäßigten Eintritt zahlen oder dafür ein Freigetränk erhalten. Im Foyer selbst könnten Theater Foto-Spots schaffen, beispielsweise über großformatige Wandbilder, die zu Selfies einladen oder über Fotoboxen, in denen die Theater ausgediente Requisiten für Shootings zur Verfügung stellen.
Das Knipsen und Filmen während der Aufführung zu erlauben, erscheint mir keine gute Idee, da es vermutlich andere Besucher in ihrem Rezeptionsgenuss stören würde. Gleichwohl könnten Theater – sofern die rechtlichen Rahmenbedingungen es zulassen – für Instagrammer extra Bereiche schaffen und zum Beispiel die letzte Reihe für sie freigeben. Selfies ließen sich von dort aus allerdings nicht wirklich machen, da man hierfür blitzen müsste.
Eine weitere Möglichkeit, Theater instagrammabler zu machen, wäre es, im Anschluss an die Aufführung, Besuchern für eine Viertelstunde Zutritt zur Bühne zu gewähren, damit sie Fotos (mit sich) vor der Kulisse schießen können. Auch könnte man einige Schauspieler, Sänger oder Tänzer bitten, in ihren Kostümen für eine kurze Zeit auf der Bühne zu bleiben, damit Besucher Selfies mit ihnen machen können.
Fazit: Vor und nach der Aufführung instagrammen!
Wie gezeigt gibt es für Theater durchaus Möglichkeiten „instagrammabler“ zu werden. Die Frage ist also vielmehr, ob die Häuser das wollen. Wer junge Leute, insbesondere U30er, ansprechen will, sollte dies meines Erachtens tun. Ich selbst bezweifle, dass es eine gute Idee ist, das Instagrammen während der Vorstellung zu erlauben, aber vor und nach der Aufführung könnten die Theater den Instagrammern durchaus etwas bieten, zumal sie selbst davon profitierten: einerseits, um mehr junge Besucher zu gewinnen, andererseits um junge Besucher an sich zu binden. Statt einzelnen, punktuellen Aktionen („heute laden wir die verrückten Instagrammer ein“), ist es meiner Meinung nach besser, Instagram als langfristiges Phänomen zu begreifen und das Instagrammen – abseits der Aufführung – konstant zu ermöglichen.
PS: Wer Best-Practice-Beispiele kennt, kann mir diese gerne zukommen lassen oder in die Kommentare schreiben.
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