Künstliche Intelligenz: Goethe übergibt den Nobelpreis in Literatur an einen Roboter

Künstliche Intelligenz und die Angst um die Arbeit

Positiv ausgedrückt erhöhen KI-Tools wie ChatGPT oder Midjourney die Produktivität. Das bedeutet jedoch auch, dass zukünftig weniger Texter, Grafikdesigner und Marketer gebraucht werden. Wie soll man da als „Betroffener“ keine Angst haben?

Wer sich aufgrund von KI-Tools um seinen Arbeitsplatz fürchtet, muss bislang wohl ziemlich schlechte Arbeit geleistet haben. Solche, vor Überheblichkeit triefenden Sätze, liest man im Netz oft. Und sie nerven. Weil sie implizieren, dass einem selbst so etwas nie passieren könne. Weil man sich selbst ausschließlich mit Dingen beschäftigt, die sich durch Roboter oder künstliche Intelligenz nie niemals ersetzen lassen. Denn man selbst ist ja ein Quell kluger Ideen, ein Vulkan der Kreativität und ein Fels der Stilsicherheit. Oder so ähnlich. Nun gut, Hochmut kommt vor dem Fall. Der Dunning-Kruger-Effekt lässt grüßen.

Mittelmäßig reicht vielen Kunden

Ein Problem ist sicherlich, dass sich die meisten Kunden mit mittelmäßiger Qualität zufriedengeben. So kaufen sehr viele Leute ihre Brötchen beim Discounter, ihre Möbel bei Ikea und ihre Kleidung bei H&M. Zu behaupten, dass die traditionellen Bäckereien, Tischlereien und Maßschneidereien einfach nur bessere Qualität abliefern müssten und schon würde es bei ihnen wieder fluppen, ist zynisch. Denn eine hochpreisige Qualitätsstrategie funktioniert zwar für eine gewisses Klientel, aber nicht für die Masse. Oft fehlt bei Kunden das Geld, mitunter auch der Wille, um teure Produkte oder Dienstleistungen zu kaufen. Doch es sind nicht nur die Kunden, es sind auch die Unternehmen, die Schuld an dieser Entwicklung haben. Denn die Gleichung „hoher Preis = hohe Qualität“ stimmt schon lange nicht mehr – wie die Stiftung Warentest regelmäßig beweist.

ChatGPT & Co. werden die Preise für Texte drücken

Wenn sich Richard David Precht im „Lanz & Precht“-Podcast vorfreut, dass die KI-Tools dem Menschen nun endlich die „geistige Routinearbeit“ abnehmen, dann freut er sich aus seiner Position heraus zurecht. Für die Menschheit dürfte künstliche Intelligenz tatsächlich ein großer Schritt sein. Für den einzelnen Menschen kann sie jedoch ein kleiner Schritt in den Abgrund bedeuten. Konkretes Beispiel: Ein Unternehmen braucht einen SEO-Text mit 1.000 Wörtern und hat nun die Wahl, sich diesen kostengünstig von einem KI-Tool generieren zu lassen oder für 500 Euro einen Texter zu engagieren. Natürlich gibt es diverse Faktoren, die bei der Entscheidung mit hineinspielen. Und klar, im Einzelfall kann der Texter Glück haben und den Auftrag an Land ziehen. Langfristig und für die große Anzahl an Textern wird es jedoch weniger Aufträge und eine schlechtere Bezahlung geben. Selbstverständlich können die Texter selbst KI-Tools verwenden und der Entwicklung somit entgegenwirken, indem sie effizienter und kostengünstiger Texte produzieren – was im Video „ChatGPT im SEO: Anwendungsmöglichkeiten im Arbeitsalltag“ von Seokratie auch schön beschrieben wird. Doch da nicht davon auszugehen ist, dass die Nachfrage an SEO-Texten insgesamt großartig steigt, wird der Wettbewerb härter. Punkt.

Künstliche Intelligenz wird Marketer hart treffen

Dass KI-Tools Aufgaben komplett automatisieren, wird nur selten der Fall sein. So wie selbst in hochautomatisierten Produktionshallen noch Menschen tätig sind, die gewisse Handgriffe vornehmen oder die Qualität prüfen, so werden auch ChatGPT, Midjourney und andere KI-Tools nicht zu 100 Prozent den Menschen ersetzen. Zumal nicht nur Expertise erforderlich ist, um die Aufträge („Prompts“) für die KI exakt zu formulieren, sondern man auch Know-how braucht, um etwaige Fehler korrigieren zu können. Was ich damit meine, zeigt Kevin Chromik eindrucksvoll im Video „ChatGPT programmiert Apps in 10 Minuten“. Während er als Informatiker, einem klassischen Mangelberuf, ziemlich entspannt sein kann, sieht es in anderen Branchen düsterer aus. 2020, also deutlich vor dem jetzigen KI-Boom, hat Deloitte in der Studie „Die Jobs der Zukunft“ für den Bereich „Werbung und Marketing“ ermittelt, dass zwar die Nachfrage leicht steigen wird, 24 Prozent der Jobs bis 2035 aber wegfallen werden, also jeder vierte Arbeitsplatz.

Niemand weiß, wie disruptiv künstliche Intelligenz sein wird

Generell spielt der Faktor Zeit eine große Rolle. Niemand weiß, wie schnell technische Entwicklungen voranschreiten und wie disruptiv sie sein werden. Es sind alles nur Prognosen. Klassisches Beispiel: 2006 hat kaum jemand geahnt, in welch kurzer Zeit sich Smartphones durchsetzen und wie tiefgreifend sie unser Alltagsleben beeinflussen werden. Blickt man in die Zukunft, so könnten Pflegeroboter mit künstlicher Intelligenz in der Gesundheitsbranche beispielsweise ein absoluter Game Changer sein und viele Pflegekräfte überflüssig machen. Aber wie lange wird es dauern, bis die Pflegeroboter technisch ausgereift sind, Krankenhäuser und Heime sich diese leisten können und die Roboter von den Pflegebedürftigen angenommen werden? Ein, zwei oder drei Jahrzehnte?

Der Strukturwandel für die PR- und Kommunikationsbranche wird hart

Anders als in der Pflege, dürfte der Umbruch in der PR-, Kommunikations- und Werbebranche deutlich schneller vonstattengehen. Wie schmerzhaft ein Strukturwandel sein kann, kann man bis heute im Ruhrgebiet sehen. Ende der 1950er Jahre hat die Kohlekrise begonnen, bis heute hat die Region damit zu kämpfen. Und so, wie nicht aus jedem Bergmann ein Krankenpfleger geworden ist, so wird auch nicht aus jedem Texter ein Metzger, nicht aus jedem Marketer ein Erzieher und nicht aus jedem Illustrator ein Arzt. Bezieht man zusätzlich zum KI-bedingten Verlust von Arbeitsplätzen noch andere wirtschaftliche Entwicklungen mit ein, beispielsweise die hierzulande hohen Energiekosten, Lieferengpässe und die zunehmend stärker werdende ausländische Konkurrenz im produzierenden Gewerbe, kann einem schon Bange werden.

„Axel, hast du Angst vor künstlicher Intelligenz?“

Wer mich kennt, weiß es bereits: Ich bin weder Goethe noch Schiller. Und auch kein David Ogilvy oder Armin Reins. Heißt: Die Zukunft könnte beruflich schwierig für mich werden. Technikfeindlichkeit oder Maschinenstürmerei helfen jedoch auch nicht weiter. Im Gegenteil, man muss Veränderungen annehmen, stetig dazulernen, sich weiterentwickeln und optimistisch bleiben. Trotz allem. Hoffnung macht mir dabei, was auf kindernetz.de steht: „Füchse sind extrem anpassungsfähig. Egal ob Wälder, Halbwüsten, Küste und Hochgebirge bis zu 4500 Meter Höhe – Füchse finden überall einen Lebensraum.“ Und ich bin ein Fuchs. 😉

PS: Natürlich werden auf Basis von künstlicher Intelligenz auch neue Formate, vielleicht sogar ganze Wirtschaftszweige entstehen. Welches Potenzial „AI-Storytelling“ hat, hat John Oliver schon 2022 auf sehr illustre Weise gezeigt:

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert