
Noch wichtiger als Azubis und Fachkräfte zu rekrutieren, ist es, gutes Personal im Unternehmen und bei Laune zu halten. Mitarbeiterbindung ist dabei strategische und operative Aufgabe zugleich – und nichts, was man einmalig erledigen kann. In Zusammenhang mit Mitarbeiterbindung fällt oft der Begriff „Employer Branding“, zu Deutsch „Arbeitgebermarkenbildung“. Das interne Employer Branding, bei dem die Mitarbeiterbindung im Zentrum steht, schafft dabei die Basis für das externe Employer Branding, das für die Mitarbeitergewinnung wichtig ist. Langfristig werden nur Unternehmen mit glücklichen Angestellten auf dem Markt erfolgreich sein und es schaffen, dem Fachkräftemangel die Stirn zu bieten.
5 Tipps zur Mitarbeiterbindung
Es gibt viele Maßnahmen und Anreizsysteme, um Mitarbeiter möglichst lange im Unternehmen zu halten. Sie alle basieren auf der Erkenntnis, dass Mitarbeiter, die mit ihrem Arbeitgeber und Job zufrieden sind, im Normalfall die Stelle nicht wechseln. Da sich gut qualifizierte und zuverlässige Fachkräfte ihren Arbeitgeber fast schon aussuchen können, werden Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung zunehmend wichtiger. Eine Bezahlung nach Tarif und ein gutes Betriebsklima dürften zukünftig in vielen Fällen nicht mehr reichen.
Besonders die Individualisierung und Flexibilisierung macht kleinen Unternehmen zunehmend das Leben schwer: Während für den einen Angestellten das Gehalt sehr wichtig ist, weil er seinen Immobilienkredit abbezahlen und seine Familie ernähren muss, hat beim anderen die Work-Life-Balance höchste Priorität, weil er Single ist und gut geerbt hat. Unabhängig von solchen individuellen Anforderungen gibt es auch Maßnahmen zur Mitarbeiterbindung, die jedes Unternehmen durchführen sollte:
1. Mitarbeiterbefragung: Wie zufrieden sind die Mitarbeiter?
Bevor man „irgendwelche“ Maßnahmen ergreift, sollte man erstmal wissen, was die Mitarbeiter zum jetzigen Zeitpunkt gut finden, was sie stört und wie groß ihre Verbundenheit (Commitment) zum Unternehmen ist. Eine Mitarbeiterbefragung ist hierfür ein gutes Instrument. Im Gegensatz zum Mitarbeitergespräch ist sie anonym, weshalb die Kritik seitens der Teilnehmer mitunter scharf sein kann. Um die Anonymität zu gewährleisten, bietet es sich an, die Mitarbeiterbefragung in Kooperation mit einem externen Partner oder einer Agentur durchzuführen. Damit auf Basis der Antworten keine Rückschlüsse auf einzelne Personen gezogen werden können, eignet sich eine Mitarbeiterbefragung nur für Unternehmen mit über zehn Mitarbeitern. Ein weiterer wichtiger Punkt ist Transparenz. So sollten auch unangenehme Ergebnisse den Mitarbeitern präsentiert und seitens der Geschäftsführung Stellung dazu bezogen werden. Sind sämtliche Missstände schon bekannt, die Geschäftsführer aber nicht bereit, diese zu beheben bzw. daran zu arbeiten, schadet eine Mitarbeiterbefragung wiederum mehr als sie nützt.
2. Mitarbeitergespräch: Wie kann man einzelne Mitarbeiter noch glücklicher machen?
Jährliche Mitarbeitergespräche sind ein zentraler Bestandteil der Personalführung. Sie bieten sowohl den Führungskräften als auch den Mitarbeitern die Chance, über jene Dinge zu sprechen, die im Alltag untergehen. Wichtig ist bei Mitarbeitergesprächen, dass beide Seiten gut vorbereitet sind und sie strukturiert anhand eines Leitfadens geführt werden. Daher sollten beide Seiten vorab einen Fragebogen ausfüllen. Gegliedert sind Mitarbeitergespräche oft in a) einen Rückblick auf das vergangene Jahr b) eine gemeinsame Analyse der Arbeitssituation (Aufgaben, Zusammenarbeit, Zufriedenheit) c) eine Zielvereinbarung für das kommende Jahr und d) ein Gespräch über perspektivische Entwicklungsmöglichkeiten. Das Mitarbeitergespräch sollte zumindest stichpunktartig protokolliert werden. So kann es auch als Ausgangspunkt für das kommende Gespräch dienen.

3. Finanzielle Anreize: Was gibt es abseits des Tariflohns?
Die Rolle des Gehalts bei der Mitarbeiterbindung wird in Studien höchst unterschiedlich bewertet und hängt u.a. von der Lebenssituation des Mitarbeiters, von der zu erwartenden Gehaltssteigerung bei einem Jobwechsel sowie dem derzeitigen Gehaltsniveau ab. Oder bildlich gesprochen: Wer eine Familie ernähren muss und derzeit ein Jahresgehalt von 30.000 Euro hat, wird bei 5.000 Euro mehr pro Jahr eher gewillt sein zu wechseln als ein Single, der bereits 50.000 Euro verdient.
Die Bezahlung nach Tarif wird zunehmend zum Mindeststandard, so dass eine Abweichung nach unten von Arbeitnehmern kaum noch akzeptiert wird. Wird nicht nach Tarif gezahlt oder gibt es keinen, können so genannte Gehaltsanpassungsklauseln bereits im Arbeitsvertrag verankert werden, wonach beispielsweise jährlich das Gehalt um drei Prozent steigt. Das erspart Gehaltsverhandlungen. Provisionen und Prämien, die beispielsweise an die Höhe des Unternehmensgewinns gekoppelt sind, können ebenfalls ein gutes Mittel sein, um die Mitarbeiterbindung zu erhöhen. Psychologisch haben diese den Vorteil, dass sie als echter Bonus angesehen werden und damit die Motivation mehr fördern als „automatische“ Gehaltsanpassungen. Gratifikationen wie Urlaubs- und Weihnachtsgeld sind ebenfalls weit verbreitet. Mitarbeiterbeteiligungen sind bei kleinen Unternehmen hingegen selten, haben aber eine hohe Bindungskraft, da den Mitarbeitern das Unternehmen dann zu einem kleinen Teil gehört.
Zu den staatlich geförderten Maßnahmen zur Entgeltoptimierung zählen die betriebliche Altersvorsorge (bAV), Fahrtkostenzuschüsse, vermögenswirksame Leistungen oder die Förderung der Mitarbeiter-Fitness im Rahmen der betrieblichen Gesundheitsvorsorge.
4. Immaterielle Anreize: Wie kann man die Mitarbeiterzufriedenheit ohne Geld steigern?
Das von vielen Arbeitnehmern gewünschte „Home Office“ ist nur möglich, wenn die Arbeitsleistung nicht vor Ort erbracht werden muss – und im produzierenden Gewerbe oft nicht umzusetzen. Doch gibt es diverse andere Anreize, die man zur Mitarbeiterbindung einsetzen kann. An erster Stelle steht hier die Personalführung, die maßgeblichen Einfluss auf die Unternehmenskultur und das Betriebsklima hat. Ein patriarchalischer Führungsstil ist dabei out, die Mitarbeiter wollen gehört, in Entscheidungen einbezogen und wertgeschätzt werden. Eigenverantwortliches Arbeiten ist für viele Arbeitnehmer ebenfalls ein hohes Gut. Um sich ein Bild vom Status quo zu machen, bieten sich anonyme Mitarbeiterbefragungen an (siehe Punkt 1).
Mit Weiter- und Fortbildungen tun Unternehmen nicht nur ihren Angestellten einen Gefallen, sondern sie stärken damit auch ihre Innovationskraft. Je mehr Freiheit man den Mitarbeitern bei der Wahl der Weiterbildungen lässt, desto mehr dienen sie der Motivation. Das bedeutet auch: Pflichtschulungen sind keine Anreize. Die oft geforderte Flexibilisierung der Arbeitszeiten ist in vielen Branchen schwierig, aber gleichzeitig für viele Arbeitnehmer wichtig. Dieses Dilemma lässt sich nicht auflösen, doch sollten sich Unternehmen – idealerweise gemeinsam mit ihren Mitarbeitern – überlegen, welche Spielräume bestehen. Denn die Vereinbarkeit von Familie und Beruf wird ein Dauerthema bleiben. Dabei geht es nicht nur um die Kindererziehung, sondern auch um die Pflege von älteren Familienmitgliedern.
5. Vertragliche Optionen: Wie sinnvoll sind rechtliche Maßnahmen?
Im Profifußball sind mehrjährige Verträge gängig und trotzdem wechseln viele Spieler den Verein schon vorher. Was also bringen Verträge, wenn der Arbeitnehmer unterm Strich ohnehin am längeren Hebel sitzt? Zumindest erschweren sie einen Wechsel und schützen Arbeitgeber vor einem raschen Verlust des Mitarbeiters – der standardmäßig nur eine Kündigungsfrist von vier Wochen hat. Juristisch sind manche Klauseln aber heikel. So hat der Ausschluss einer ordentlichen Kündigung zwar für beide Seiten eine hohe Bindungskraft, allerdings kann er unter Umständen unwirksam sein. Ähnliches gilt für mehrjährige Kündigungsfristen. Wettbewerbsverbote, wonach ein Arbeitnehmer beispielsweise ein Jahr nach seinem Ausscheiden nicht zur Konkurrenz wechseln darf, sind tendenziell unproblematischer, allerdings sollten sich Unternehmen auch hier bei der Erstellung des Arbeitsvertrags juristische Unterstützung holen.