Nein, ich biete keinen Arbeitsplatz an. Aber wer nach einem zukunftssicheren Job Ausschau hält, dem empfiehlt ZEIT ONLINE, Community Manager zu werden. Denn mittlerweile haben die meisten großen B2C-Unternehmen nicht nur eine Facebook-Seite, sondern auch eine Menge Fans. Auch Museen, Theater und Orchester werden zukünftig Community Manager brauchen. Manche benötigen sie schon heute.
Manchmal geht‘s schneller als man denkt
Die Bahn hat mit ihrer Chef-Ticket-Aktion binnen weniger Wochen 50.000 Fans auf Facebook generiert und OTTO hat es mit nur einem Model Contest sogar auf weit über 150.000 Fans gebracht. Von so einem Start können Kultureinrichtungen bislang nur träumen, nichtsdestotrotz steigt auch bei ihnen die Anzahl an Fans. Das NRW-Forum beispielsweise ist Mitte Oktober im fünfstelligen Bereich angekommen. Klar ist, wo sich Leute treffen, da wird geredet. Wird im Internet geplaudert, geschieht das öffentlich. Jetzt sind Facebook-Seiten von Organisationen zwar keine „echten“ Online-Communitys, da sie in der Regel nicht als Plattform dienen, auf denen sich Nutzer austauschen, sondern eher als Seite, auf denen Nutzer mit der Organisation kommunizieren und Neuigkeiten kommentieren und „liken“ können, diskutiert wird aber trotzdem. Nicht immer sind es Nettigkeiten, die hier ausgetauscht werden. Am besten also, man legt schon vorher fest, wann und wie man reagiert.
Wie man mit Kritik umgeht (oder auch nicht)
Zugegeben, es hat ein bisschen ein „Gschmäckle“, wenn man sich über seinen ehemaligen Arbeitgeber äußert. Trotzdem will ich es tun, denn am Beispiel der Deutschen Oper Berlin zeigt sich ganz gut, a) welche Fehler unterlaufen können und b) wie man das „Facebook Community Management“ verbessern kann. Da wäre zum Beispiel der Umgang mit Negativkritiken. Ich möchte an dieser Stelle keinen Namen nennen, aber offensichtlich hat die Deutsche Oper einen leidenschaftlichen Besucher, der auf Facebook gerne seine Meinung zum Besten gibt. Teilweise ist diese negativ, teilweise vernichtend, wie etwa dieser hier vom 31. Oktober:
In dem Moment, in dem man so einen Kommentar auf seiner Facebook-Seite hat, ist es eigentlich zu spät sich Gedanken darüber zu machen, wie man damit umgeht. Die Deutsche Oper hat sich dazu entschieden, ihn erstmal stehen zu lassen und abzuwarten, was passiert. Ich persönlich bin kein Fan der Zensur, dennoch wäre sie in diesem Fall aufgrund der derben Wortwahl sogar vertretbar gewesen. Solche sogenannten Flames werden schließlich auch in anderen Foren und Communitys gelöscht. Die Deutsche Oper hat es nicht getan, sondern abgewartet, was passiert. Herausgekommen ist eine „Mini Flame War“. Ein anderer Nutzer hat sich einer ähnlichen Wortwahl bedient und „zurückgeschlagen“:
(Anmerkung: Dieser Kommentar wurde mittlerweile gelöscht.) Wie hat die Deutsche Oper reagiert? Erstmal gar nicht. Ok, zugegeben, die Konversation ging relativ schnell vonstatten und zu einer ungünstigen Uhrzeit (sonntagabends). Auch finde ich es schlecht, dass es derzeit als Moderator nicht möglich ist, automatisch (z.B. via E-Mail) von Facebook benachrichtigt zu werden, sobald ein neuer Kommentar auf die Pinnwand gepostet wurde. Aber einen Werktag später darf man von so einer großen Institution eigentlich eine Reaktion erwarten. Und eben das finde ich problematisch: Auf der Facebook-Seite der Deutschen Oper stand diese Konversation über mehrere Wochen hinweg unkommentiert da, einen Appell zur Mäßigung gab es nicht. Irgendwann hat man sich dann dazu entschlossen, die Standard-Ansicht auf Facebook auf „Nur Deutsche Oper Berlin“ zu ändern. Da wohl nur die allerwenigsten Nutzer auf „Deutsche Oper Berlin + andere“ klicken, würde ich diese Methode „Zensur light“ nennen. Allerdings wird dadurch nicht nur Kritik ausgeblendet, sondern eben auch ein Lob wie dieses hier:
Wie geht man mit heftiger Kritik um?
Generell kann man das nicht sagen. Wie gesagt, entweder a) zensieren/löschen und den Verfassern eine kurze Begründung schicken, b) „Zensur light“ betreiben (funktioniert allerdings nur dann, wenn es sich um einen Pinnwandeintrag und nicht um einen Kommentar handelt) oder c) Kommentar stehen lassen und die Sache „ausfechten“ – und zwar spielerisch, mit einem Lachen auf den Lippen! Man hätte beispielsweise schreiben können „Lieber Herr X, ihr Gehirn haben wir bestens verstaut und sie können es jederzeit abholen. Bitte haben Sie Verständnis dafür, dass wir für die Aufbewahrung eine Gebühr in Höhe von 5 € pro Tag verlangen. Dieses Geld investieren wir in die Optimierung unserer Inszenierungen.“.
Trotz der heftigen Krtik von Herr X muss man sich ja eines klar machen: In Berlin gibt es drei Opern. Herr X könnte also jederzeit woanders hingehen, aber er will es nicht! Er sucht die Konfrontation und sie bereitet ihm offensichtlich Spaß. Jetzt ist Herr X für die Deutsche Oper ein nicht besonders lukrativer Kunde, wenn er dieses Spiel allzu oft betreibt. Gleichzeitig ist es aber auch eine Chance für die Deutsche Oper, Inszenierungen auf ironische Weise zu diskutieren und zu kommentieren. Das könnte für andere Facebook-Fans interessant sein und letztlich zu einem Markenzeichen der Facebook-Seite der Deutschen Oper werden. Man denke nur an den legendären Schlagabtausch zwischen Herbert Wehner und Hans Josef Strauß (den ich nur vom Hörensagen kenne).
Der Ton macht die Musik
Wie sich an obigem Beispiel zeigt, ist die Tonalität beim Community Management wichtig. Das gilt auch für das Verfassen von Statusmeldungen auf Facebook. Der Tagungsband der stART.10 (erscheint im Februar/März 2011) wird auch einen sehr schönen Artikel von Johannes Lachermaier von der Bayerischen Staatsoper beinhalten. Im Hinblick auf die unterschiedliche Tonalität von Meldungen auf der Website und auf Facebook nennt er folgendes Beispiel:
Website: Neuer Podcast zur Premiere „Rusalka“
Ab dem 23. Oktober ist Antonín Dvořáks Oper im Nationaltheater zu sehen, unter der musikalischen Leitung von Tomaš Hanus und inszeniert von Martin Kušej. Der Autor Florian Heurich gibt in diesem Podcast eine Einführung in Werk, Handlung und Entstehung.
Facebook: Eine Art Mini-Programmbuch zum Hören: Ab sofort gibt’s zu jeder Neuproduktion einen Audiopodcast, hier gleich mal der zu RUSALKA: www.staatsoper.de
Ich finde, dass das Beispiel zeigt, dass selbst große und renommierte „Hochkultureinrichtungen“ auf Facebook & Co. durchaus einen umgangssprachlichen Ton pflegen können, ohne einen Imageschaden zu erleiden (im Gegenteil!). Weniger gut macht es meines Erachtens die Deutsche Oper (ich war zu faul, mir ein anderes „Opfer“ zu suchen ;-)):
Mir persönlich ist schon die Wortwahl in der Meldung zu steif, dann aber auf den nonchalanten Kommentar, so formell zu antworten, zeigt die Unerfahrenheit der Deutschen Oper auf Facebook. Muss man denn wirklich wiederholen, dass es „schwerwiegende persönliche Gründe“ waren? Und wenn man schon so formell ist, hätte man dann nicht auch die Wörter „Runncles“ und „ihnen“ richtig schreiben können? Ich kann ja verstehen, dass die Deutsche Oper in diesem Fall nicht originell oder witzig sein will, aber was spricht denn gegen ein „Wie gesagt, persönliche Gründe. Mehr können wir leider nicht sagen. Aber seien Sie sicher, er kommt bald zurück!“. Sofern es Herrn Runnicles nichts ausmacht, könnte man die ein oder andere Zusatzinformation ja auch noch herausgeben (z.B. sagen, ob es ein Trauerfall oder eine Krankheit war). Etwas mehr Offenheit würde jedenfalls nicht schaden.
Namen nennen! Gesicht zeigen!
Nervt es bei einer Service-Hotline anzurufen und zuerst fünf Minuten lang Zahlen einzugeben und mit einer Maschine zu sprechen? Ja, klar nervt das! Tierisch! Ähnlich fühlt es sich an, wenn man im Internet mit einer Institution kommuniziert. Man spricht zu einem Haus aus Beton. In einem normalen Gespräch möchte man doch auch das Gesicht des anderen sehen und möchte wissen, wie dieser heißt. Warum soll das im Internet anders sein? Zwar möchte nicht jeder Mitarbeiter ein Foto von sich im Internet haben, aber zumindest der Name sollte auf der Facebook-Seite genannt werden. Bislang bleiben die meisten Einrichtungen anonym – was ein Fehler ist. Denn bei Social Media geht es ja um Personen und den Dialog mit diesen! Deshalb wird sich das zukünftig wohl auch ändern. Coca-Cola Deutschland etwa zeigt auf seiner Twitter-Seite bereits die Profilbilder der Mitarbeiter.
Auf der Facebook-Seite der Deutschen Oper gibt es zwei Personen die kommunizieren: die „Deutsche Oper Berlin“ und „Felix Schnieder“. Das ist doppelt unglücklich. Zum einen wird von offizieller Seite nicht genannt wer dahinter steckt, zum anderen ist nicht erkennbar, dass Felix Schnieder ein Mitarbeiter der Deutschen Oper ist. Als solcher kommuniziert er aber auf der Facebook-Seite. Allerdings weicht er vom Stil deutlich ab, achtet nicht auf Groß-/Kleinschreibung und zügelt sich auch sonst wenig. Kurzum, die Absprache fehlt. Die internen Abläufe (wer veröffentlicht was und wie?) sind augenscheinlich nicht geklärt. Hier ein Beispiel:
Zu guter letzt noch ein Beispiel dafür, was passiert, wenn man ausschließlich die positiven Zeitungsartikel veröffentlicht (sprich über Social Media Werbung macht). Auf den Pinnwandeintrag von Felix Schnieder „Wie es wirklich war“ (mit Link zu einer positiven Rezension zu Don Giovanni), veröffentlichte ein Nutzer kurzum die negativen:
Quot erat demonstrandum: Community Manager und Social Media Manager werden immer wichtiger.
4 Antworten
Interessante Einblicke! Besonders gefällt mir das beleidigte „…von seinem Umsonstplatz aus…“ 🙂
Was ich generell schwierig finde, ist die Trennung von Fans meiner Marke/ meines Hauses und Fans einer aktuellen Aktion (siehe Otto). Letztere sind genauso schnell weg wie sie gekommen sind – außer man hat einen guten Community-Manager.
das hab ich gern gelesen und einige Goldkörnchen eingesackt.
Nach Deinem Post im KulturmanamentBlog bin ich nochmals in Dein blog gegangen. Ich hatte ja schon kurz kommentiert (siehe oben). Ich habe da gewisse Lehren beherzigt.
Neuerdings hab ich eine Möglichkeit gefunden, das Theater zu personalisieren – mit einem „PicBadge“ im Profilbild.
Was hältst Du davon?
Beste Grüße
Heinz Koch