Dabeisein ist nicht alles. Oder doch?

Am 18. Juni fand die Fachkonferenz des Hessischen Museumsverbands mit dem Titel „Dabeisein ist nicht alles. Museen auf neuen Wegen im Internet“ statt. Die These war also vorgegeben. Ernsthaft diskutiert wurde sie zwar von keinem Sprecher, aber immerhin hatten Thilo Martini und Sebastian Hartmann die Gelegenheit ein wenig für das Social Web zu werben und Mut zu machen.

Wie ehrlich muss man sein?

Es dauert gar nicht lange, bis vom Publikum (das größtenteils mit Social Media nicht viel anzufangen wusste) die Z-Frage gestellt wurde: „Wie viel Zeit braucht man denn fürs Bloggen?“. Antwort von Thilo Martini: „Eine halbe Stunde pro Woche.“ Nächste Frage: „Und für Facebook und Twitter?“ Sebastian Hartmann: „Am Anfang hab‘ ich das im Neanderthal Museum nebenher gemacht.“  Bei beiden Antworten bin ich zusammengezuckt. Denn beide Antworten sind richtig und falsch zugleich. Richtig ist, dass man nebenher Informationen auf verschiedene Kanäle raushauen kann. Aber mit professionellem Social Media Marketing, mit Vernetzung und Dialogführung hat das herzlich wenig zu tun. Der ein oder andere ergänzende Satz hätte den Antworten also nicht geschadet, zumal die Frau neben mir, eine typische Webeinsnullerin, das natürlich sofort notiert hat und wahrscheinlich damit zu ihrer Chefin geht.

Warum sollte man Social Media nicht nebenher machen?

Weil es Enttäuschungen verursacht. Weil sich niemand für plumpe Werbebotschaften interessiert. Warum sollte mir ein Theater auf Facebook gefallen, das ständig nur auf seine eigenen Veranstaltungen aufmerksam macht? Warum sollte ich einem Museum auf Twitter folgen, das meine Fragen nicht beantwortet? Warum sollte ich einen Orchesterblog lesen, der sich nur mit sich selbst beschäftigt?

Internet heißt Vernetzung! Sich austauschen! Sich gegenseitig verlinken! Wer Social Media aber nur nebenher macht, wird kaum Zeit haben, um andere Blogs, Tweets und Facebook-Einträge zu lesen. Und wird auch kaum Zeit haben, um zielgruppenspezifische Angebote zu gestalten und um sich auf einen Dialog mit dem Publikum einzulassen. Wenn die Präsenz im Social Web nur der Zweitverwertung von Informationen dient, wird sie nicht viel bringen. Wenn man Social Media nur nebenher macht, braucht man sich nicht wundern, wenn man trotz großem Namen auch nach über einem Jahr auf Facebook nur 269 Freunde hat – wie das Landesmuseum Württemberg.

Ist Dabeisein also nicht alles?

Nein. Auch das noch so kleinste Museum sollte eine Facebook-Seite und einen Twitter-Account haben. Denn sonst wird früher oder später jemand anders die entsprechende Facebook-Seite gründen und sich den Twitter-Namen unter den Nagel reißen. Und wenn diese Person dann das Internet unter falschem Namen zumüllt, kann man nur sagen: Viel Spaß!

Social Media also doch nebenher machen???

Jein. Wenn man sich bewusst ist, dass „nebenher“ nicht viel bringt, kann man Social Media ruhig nebenher machen. Dann aber bitte nicht enttäuscht sein, wenn keine neue Zielgruppe erreicht wird! Und bevor man mit Social Media anfängt, sollte man sich wenigstens überlegen, was man veröffentlichen kann und will (Stichwort: Strategie). Was Fans von Museen auf Facebook erwarten hat MuseumNext in einer Umfrage im April 2011 in Großbritannien gefragt. Hier ein Auszug der Ergebnisse:

P.s. Selbst wenn man Social Media nur nebenher macht, kann man an spielfreien Tagen im Theater oder wenn das Museum geschlossen ist, ruhig ein paar Infos herausgeben, die nicht bloße Eigenwerbung sind. Das Museum MARTa Herford nimmt zum Beispiel regelmäßig am Museumsfreitag teil…

… und postet Online-Artikel zu aktuellen Geschehnissen in der Kunstszene:

 

2 Antworten

  1. Genau so ist es!
    Besonders die folgenden Sätze sollte jede Einrichtung, die sich öffentlich im Netz bewegt als Erstes beherzigen:
    Internet heißt Vernetzung!
    Sich austauschen!
    Sich gegenseitig verlinken!

    Vielen Dank

  2. Ich bitte darum, das späte Freischalten des Kommentars zu entschuldigen. Er ist leider im Spam-Ordner gelandet.

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